Manja Wilde/ 26.09.2018, 21:10 Uhr

 

Fürstenwalde (MOZ) 

Zwei tonnenschwere Wachtürme der Staatssicherheit hingen am Mittwoch am Kranhaken. Nach der Auflösung der Schneiderschen Sammlung in Beerfelde sind sie nun bei den IFA-Freunden Trebus und der Panzerschule Beerfelde zu sehen. Einst standen sie in Freienbrink.

„Der schwingt ganz schön“, ruft Karsten Frohloff. Aus seiner Kanzel hat der Kranfahrer einen guten Blick. Am Haken hängt ein alter Wachturm der Staatssicherheit der DDR. Das mehrere Tonnen schwere Bauwerk pendelt zwischen einem Erdwall, Baumaterialien und grauen Mauern hin und her, bevor es sanft zum Stehen kommt.

Günter Wehr sieht zufrieden aus. „Die Aktion hatten wir seit einem Jahr geplant“. IFA steht für Industrieverband Fahrzeugbau der DDR. Autos, eine Tankstelle, einen Kiosk und etliches mehr haben die 30 Vereinsmitglieder auf ihrer Ausstellungsfläche zusammengetragen.  Mit dem Turm, sagt Wehr, solle der „antifaschistische Schutzwall“ der DDR nachgestellt werden. Diesen Propagandabegriff fand die Staatsführung damals für die Mauer, die sie ab 1961 um Ostberlin errichten ließ.

Der Wachturm ist etwas jünger. Er stand einst in Freienbrink. Von 1968 bis 1971 wurde dort das Zentrallager der Staatssicherheit errichtet, sagt Lothar Runge, der Vorsitzende des Heimatvereins Grünheide. Von Baumaterial über Bekleidung bis hin zu Medikamenten habe dort alles mögliche gelagert. In einem anderen Bereich des Areals fand die Paketkontrolle statt. „Die Pakete wurden aufgemacht und geplündert“, erklärt Runge den Begriff. In Asservaten-Kammern hätten die guten Westprodukte dann gelegen, bis sie in die Stasi-Shops verteilt und verkauft worden seien, sagt der Vereinsvorsitzende. Mit der Thematik kennen er und seine Mitstreiter sich gut aus, denn im November wollen sie ein Buch mit dem Titel „Grünheide und die Staatssicherheit“ herausgeben. 1989, mit der politischen Wende, hatte auch „der größte Postraub aller Zeiten“, wie Runge es nennt, ein Ende. Das Zentrum schloss. Und auch die Türme wurden nicht mehr gebraucht.

 

„Es gab mehrere dieser Wachtürme in Freienbrink“, sagt Friedel Schneider. Er und seine Frau holten sich 1992/93 zwei davon für ihre Sammlung ab. „Jeder bestand aus fünf oder sechs Teilen“, weiß der heute 80-Jährige noch. Allein der „Grundpfeiler“, durch den die Wachposten kletterten, um in die Kanzel zu kommen, „war sieben, acht Meter hoch“, schätzt Schneider. „Bei uns standen die Röhren einzeln. Wir wollten nicht den Eindruck erwecken, dass es sich um ein militärisches Objekt handelt“, betont er. Nachdem das Ehepaar sein Grundstück vor mehr als einem Jahr verkauft hat, wurde und wird die Sammlung aufgelöst und verteilt. Die Wachtürme mit den kleinen Schießluken gehörten zu den letzten Zeugen, die geblieben waren.